Wer sich mit einem nachhaltigen Lebensstil auseinandersetzt, stößt ziemlich schnell auf die „Plastik-Problematik“ und möchte (Einmal-)Plastik weitestgehend vermeiden. Gehört jedoch ein Vierbeiner zur Familie, wird’s komplizierter mit dem Plastikverzicht – oder etwa doch nicht?
Mittlerweile gibt es eine tolle Auswahl an umweltfreundlichem, veganen Hundezubehör, -futter und Co. Da fällt einem der Ersatz von herkömmlichen Produkten aus Plastik denkbar einfach! Eines unserer liebsten Startups, dem die Umwelt genauso sehr am Herzen liegt wie uns, stellen wir Euch heute vor: Viel Spaß beim Interview mit Daniela und Florian von nahala!
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, nahala zu gründen?
nahala ist eher einem Zufall entsprungen. Wir haben uns schon seit einiger Zeit damit beschäftigt, wie wir unseren eigenen ökologischen Fussabdruck reduzieren können. Beispielsweise haben wir bei unseren Einkäufen gezielt darauf geachtet, Verpackungsmüll zu vermeiden und unser Konsumverhalten generell umgestellt.
8 Milliarden Poobags pro Jahr
Doch es hat noch eine ganze weile gedauert, bis uns auffiel, wie viel Plastik wir eigentlich mit den Hundekotbeuteln verbrauchten. Wir haben dann mal eine kleine Hochrechnung unternommen und ermittelt, dass die ca. 9 Millionen in Deutschland lebenden Hunde jährlich über 8 Milliarden poopbags verbrauchen!
Plastik in der Natur und im Trinkwasser
Dass wir etwas ändern müssen, hat sich dann jedoch erst bei einer Gassirunde herauskristallisiert. Wir waren in einem Hundeauslaufgebiet in Berlin unterwegs. Dort gab es leider keine Entsorgungsmöglichkeiten für die Hundekotbeutel. Abseits der Wege haben wir überall die benutzten poopbags gesehen, die einfach zwischen Bäumen und Sträuchern umher lagen, nicht aufgesammelt wurden und dort für die nächsten Jahre zerfallen sollten. Das Thema Mikroplastik war uns damals schon geläufig und die Vorstellung, diese Beutel würden dort über die nächsten Jahre liegen bleiben und langsam zu immer kleineren Plastikpartikeln zerfallen, die dann auch noch in unser Trinkwasser gelangen, fanden wir einfach nur gruselig. Es fiel uns dann wie schuppen von den Augen, an unserem Alltag etwas verändern zu müssen.
Von der Idee zum Produkt
Mit der Gründung begann dann auch gleich unsere inhaltliche Odyssee. Wie können poopbags nachhaltig gedacht werden, welche Eigenschaften sind für ihren Einsatz zwingend notwendig und welche Rohstoffe können verwendet werden. Da wir beide einen ganz anderen beruflichen Hintergrund haben, erforderte es einiger Einarbeitung, bis wir überhaupt das Thema überblickt hatten. Wir haben dann für uns schnell ausgemacht, dass wir an der Tüte als Form festhalten wollen, da sie einfach am leichtesten einzusetzen ist und Hundefamilien den Umgang mit ihnen bereits gewohnt sind. Unser wichtigster Ankerpunkt sollte aber sein, dass die poopbags sich abbauen lassen ohne Mikroplastik zu hinterlassen.
Bioplastik = Bioplastik!?
Dabei stießen wir auf einige Fallen, die die Verpackungsindustrie gelegt hat. Der begriff Bioplastik ist beispielsweise nicht genau definiert, sodass sich eine ganze reihe von Stoffen unter diesem Label sammeln. Es gibt beispielsweise Stoffe, die aus nachwachsenden Ressourcen gewonnen werden, aber gar nicht biologisch abbaubar sind. Da mussten wir echt genau hinsehen, um hier nicht auf eine falsche Fährte gelockt zu werden.
Bald jedoch sind wir auf Maisstärke als Rohstoff gestoßen. Sie bietet in Kombination mit einem Teil Erdöl die idealen Eigenschaften für poopbags. die Haptik ist die gleiche, wie bei herkömmlichen Plastikbeuteln und zusätzlich sind sie zu 100% biologisch abbaubar und kompostierbar. Das war genau, wonach wir suchten und so wurde unsere erste Charge aus Maisstärke produziert – das war 2019.
Poobags 2.0
Seitdem haben wir uns immer eingehender mit der Materie beschäftigt, stehen mit vielen Herstellern im Austausch und beobachten die technologischen Fortschritte. Im Ergebnis stehen wir mit einem europäischen Unternehmen im Austausch, das eine noch ressourcenschonendere Zusammensetzung der Beutel entwickelt hat und wir freuen uns, diese bald schon präsentieren zu können, unsere poopbags 2.0, wie wir sie gerne nennen.
Was macht Euer Produkt so besonders?
Herstellung aus Abfall
Habt ihr schon mal etwas von Fermentation gehört? Vermutlich in Verbindung mit der Herstellung von Sauerkraut oder Kombucha? Der Hersteller, mit dem wir jetzt zusammenarbeiten, hat eine Methode entwickelt, Bakterien für die Produktion eines Plastikersatzes zu nutzen. Vereinfacht zusammengefasst wandeln die Bakterien dabei Pflanzenteile in einen Ausgangsstoff – pha genannt – um, der die Basis für die Zusammensetzung unserer Beutel bietet. Und das Beste daran ist, dass die Pflanzenteile, die dafür zum Einsatz kommen Überbleibsel aus der industriellen Verarbeitung sind. Das heisst, wir können unsere poopbags zum Teil aus Abfälle herstellen! Das ist natürlich im Blick auf die Ressourcenschonung ein enormer Sprung. Es ist ja recht offensichtlich, dass die poopbags ein Einwegprodukt sind. Also sollten sie so nachhaltig wie möglich gedacht sein und da ist Materialeinsatz einfach ein wichtiger Punkt.
Heimkompostierung
pha ist darüber hinaus zur Heimkompostierung geeignet. Das bedeutet also auch, dass unsere Beutel vollständig biologisch abbaubar und kompostbar sind und dabei nur CO2, Wasser und eine Biomasse freigesetzt wird, die enzymatisch verwertbar ist.
Dennoch kommt auch bei unseren Beuteln ein Teil Maisstärke (gentechnikfrei) dazu und auch auf einen geringen Teil Erdöl kann mit den derzeitigen technologischen Mitteln noch nicht ganz verzichtet werden. Aber wir können zumindest versuchen, diese Stoffe zu reduzieren und somit sowohl den Ausbau von Monokulturen zu vermeiden und endliche Ressourcen zu schonen. Wir beobachten die technologischen Entwicklungen sehr genau und tun unser Möglichstes, euch die beste Alternative anzubieten. Das ist unsere Challenge!
Wie entsorgt man die Poopbags am besten?
Auf jeden Fall nicht in der Umwelt! Das ist schon mal der erste Schritt. Denn auch wenn sich unsere poopbags rückstandslos abbauen, ist es damit nicht getan. Die Hinterlassenschaften unserer Vierbeiner sollen nicht einfach nur entsorgt werden, damit wir Menschen uns nicht an dem Anblick stören. Vielmehr ist es notwendig sie zu beseitigen, um der Übertragung von Krankheiten und Parasiten vorzubeugen. Denn nicht nur andere Hunde können sich infizieren, auch alle anderen Tiere, die in unseren Wälder, Feldern und Parks leben, können sich damit anstecken und das wollen wir unbedingt vermeiden! Also ist es der erste schritt, die Häufchen ordentlich mit den poopbags einzusammeln und mitzunehmen. Unsere Beutel können in Kompostieranlagen innerhalb von ca. 180 tagen vollständig zersetzt werden und auch die Hundehäufchen sind für Kompostieranlagen ok, da die dort herrschenden Temparaturen hygienisierend wirken, also Keime und Parasiten abtöten.
Welche Tipps habt Ihr für einen nachhaltigeren Alltag mit Hund?
Nachhaltigkeit beginnt für uns mit einem kontrollierten Konsum. Wir Hundeeltern werden ja an allen Ecken und Enden mit Produkten gelockt, die sich in ihrer Niedlichkeit immer wieder selbst übertreffen oder als unverzichtbar vermarktet werden. Aber brauchen wir wirklich 20 verschiedene Leinen für unsere Vierbeiner? Summer ist es ehrlich gesagt ziemlich egal, wie die Leine aussieht. Wir haben inzwischen einen etwas pragmatischeren, minimalistischen Blick auf unseren Konsum entwickelt.
Erfreulicherweise nehmen nachwachsende und tierleidfreie Rohstoffe einen immer grösseren Teil bei Hundezubehör ein. Bambus, Hanf, Kork oder Biothane zum Beispiel können in etlichen Einsatzgebieten verwendet werden, das finden wir immer wieder faszinierend.
Aus unserer Sicht ist der wichtigste Faktor beim ökologischen Pfotenabdruck wohl das Futter. Ihr seid mit eurem Alleinfutter Wegbereiter und wir können nicht oft genug sagen, wie toll wir eure Produkte finden – unsere Hündin Summer selbstverständlich auch! Veganes Hundefutter und Leckerlies sind echt tolle Alternativen, nicht nur unter Berücksichtigung der Ökobilanz, sondern gerade weil damit kein Tierleid verursacht wird.
Und wenn wir schon dabei sind, über Tierleid zu sprechen, müssen wir über Produkte aus Leder und Wolle reden. Noch immer prägt unsere Gesellschaft der Eindruck, Leder und Wolle seien besondere Qualitätsmerkmale und würden jedes Produkt aufwerten. Wir können nicht nachvollziehen, wie die Qual eines Lebewesens ein Qualitätsmerkmal sein soll. Es sind Massenprodukte geworden, die Implizit für Gewalt und Tod stehen und dafür haben wir kein Verständnis. Für uns ist nachhaltig, wenn auf Tierleid verzichtet werden kann!
Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft?
Wir wollen teilhaben an einem Prozess der Wandlung, die unsere Welt von Tierleid befreit und in der es gelingt Spezizismus, Rassismus und Sexismus zu überwinden. Wir wollen eine Welt frei von jeglicher Diskriminierung, in der jedem Lebewesen auf Augenhöhe begegnet wird und es wirklich frei ist. Das ist unsere Wunschvorstellung. Auch wenn wir davon noch weit entfernt sind, hat jeder Schritt, der in diese Richtung unternommen wird – vielleicht nicht unmittelbar aber im großen betrachtet – einen riesigen Impact. Das erfordert jede Menge Arbeit an uns selbst und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit unserer Lebenswelt, auch ausserhalb unserer Komfortzonen. Doch am Ende erlangen wir alle damit Heilung und Frieden.
Unser Tipp: Wenn Du noch mehr über Plastik und die Auswirkungen des hohen Plastikkonsums auf unseren Planeten erfahren möchtest, dann schau hier vorbei. In unseren drei Blogbeiträgen der Serie „Wir sehen das Meer vor lauter Plastik nicht“ haben wir Dir verschiedene Seiten des Problems dargestellt und zusammengefasst.
Vielleicht hast Du die Poobags von nahala ja schon in unserem Shop entdeckt? Wenn nicht, dann findest Du sie hier!